Samstag, 6. August 2011

On the Road in Québec

Die Rückfahrt von unserem Trip durch den Osten Québecs ist ganz und gar anders als die Tage zuvor. Viel Verkehr herrscht auf dem Highway und der Himmel ist geradezu langweilig blau.

Das eher europäisch als amerikanisch anmutende Québec City war vom Sonnenuntergang in rot, gelb und orange angemalt. Ein Zufall ermöglichte es uns bei Jeanne (50) in ihrer wunderschönen Wohnung in der Altstadt unterzukommen. Wir konnten uns wie Zuhause fühlen. Neben den vielen Souvenirshops gab es auch sehr schöne Ecken in der Stadt. Zehn Kilometer außerhalb bestaunten wir schließlich die Naturgewalt des Wassers an den Montmorency Falls.

> erst feucht und bewölkt, dann sonnige 26°C

In Tadoussac sahen wir zwar keine Wale (was normalerweise der einzige Grund ist dieses Dörfchen zu besuchen), sondern wir spazierten durch kanadischen Wald, ließen uns von einheimischen Mücken stechen und genossen auf einer Lichtung die endlose Weite der Natur.

> nasskalte 14°C

Das Fischerdorf Percé mit 3000 Einwohnern war ein würdiges Ziel unseres Trips. Wir stiefelten am Strand entlang und erreichten - durch das Wasser stapfend - den riesigen, im Meer liegenden Kalksteinfelsen.

> Schäfchenwolken und traumhafte 30°

Bei dieser Reise galt allerdings auch einmal mehr: der Weg ist das Ziel. Auto, Zug, Schiff und Bus kamen für insgesamt mehr als 2.000 Kilometer zum Einsatz.



Unser Mietwagen ermöglichte uns in entlegene Gebiete zu gelangen und die Einsamkeit Kanadas selbst zu erfahren.  Dabei blieben beunruhigende Nachtfahrten ohne Straßenbeleuchtung, ohne Spuren von Zivilisation und mit etlichen Vorsicht-Großes-Wildtier-kreuzt-Schildern.


Mit der Fähre fuhren wir zwei Mal. Beim ersten Mal erwarteten wir statt der Fähre eine Brücke und waren umso mehr überrascht, dass selbige noch abends um 11 fährt. Beim zweiten Mal schwankte die Fähre derart stark und war der Nebel derart dicht, dass uns bei dem Gedanken daran immernoch mulmig zumute wird.

Wir erreichen die Küste von Trois Pistoles. Das Städtchen ist in tiefsten Nebel getaucht. Ich frage mich immernoch warum dieser Ort so heißt wie er heißt. Trois Rivières, zum Beispiel, bezieht sich auf drei Flussarme, die dort zusammen laufen. Sollte das etwa bedeuten, dass sich in Trois Pistoles drei bewaffnete Banden bekämpfen? Der Nebel, der den Ort durchzog, bestärkte mich in dieser Vermutung. Todesmutig stellten wir das Auto auf einem Parkplatz im "Stadtzentrum" ab und kehrten beim Italiener neben an ein. Auch hier herrschte eine verdächtige Ruhe. Pistolen waren allerdings weder zu sehen noch zu hören. Wir waren froh zwei Stunden später endlich in den Zug Richtung Percé einzusteigen und dieses Dorf hinter uns zu lassen.
Als wir 24 Stunden später wieder in Trois Pistoles eintreffen, ist die Stadt immernoch von Nebel bedeckt. Kein Mensch ist zu sehen, kein Auto parkt am Straßenrand. Es ist als ob jemand vergessen hätte das Licht über Trois Pistoles anzumachen.


Der 12-Stunden-Nachtzug von Trois-Pistoles nach Percé war schließlich ein Erlebnis für sich. Und das nicht nur weil wir für den Rückweg denselben Zug noch am gleichen Tag nahmen. Die fast durchweg eingleisige Strecke führte durch endlose Wälder, über hochgelegene Brücken, denen der Lokführer nicht mehr als 20 km/h zu traut und entlang am tiefblauen Wasser des Atlantiks. Fast ist wie nachts in der ARD, bei den schönsten Bahnstrecken der Welt.

Auf Nachfrage teilt uns der Schaffner mit, dass der Zug nun 1 Stunden und 50 Minuten Verspätung habe. "Sind die Züge in Deutschland etwa pünktlich?" Er lacht. Beim nächsten Halt trifft er sich wieder mit den anderen Bahnangestellten auf eine Zigarette außerhalb des Zugs.
Beim Abendessen im Speisewagen mit atemberaubendem Blick über die kanadische Landschaft lernen wir Liz kennen. Sie erzählt uns über das Zugfahren in Kanada. Im Winter sähe man statt der Landschaft rechts und links nur Schneewände. Ein vorausgehender Zug spiele Schneeschippe und der Weg sei frei für den Anderen. Unerwähnt bleibt, dass hier sowieso nur ein einziger Zug fährt. Vor ein paar Jahren hätten Sie die Strecke fast geschlossen, weil manchmal nur zwei Personen an einem Halt einsteigen, sagt Liz. Sie erzählt uns, dass sie einmal Freunde aus Toronto in ihre Ferienwohnung in der Nähe von Percé einlud. Sie wartete auf dem Bahnhof. Studenlang wartete sie, denn immer wieder kam der Bahnhofsmitarbeiter, der ihr mitteilte er habe gerade mit dem Schaffner telefoniert. Es dauere noch ein bisschen bis der Zug eintreffe. Liz blieb geduldig und freute sich als der Zug endlich am Bahnhöfchen in Percé ankam. Aufgeregt schaute sie immer wieder nach rechts und links, doch ihre Freunde aus Toronto waren nicht zu sehen. Was war passiert? Sind sie im Zug eingeschlafen? Oder vielleicht an der falschen Station augestiegen? Sie wusste es nicht und musste dabei zu sehen wie der Zug sich wieder in Bewegung setzte. Plötzlich aber, der Zug war nur einige Meter gefahren, hielt er wieder und aus der Tür stiegen ihre Freunde aus Toronto. Der Zug war einfach zu lang für diesen Bahnhof. Er musste zwei Mal halten.


Lange könnte ich noch erzählen über Dinge, die wir gesehen haben, Erfahrungen, die wir gemacht haben und Leute, die wir kennen gelernt haben... vielleicht ja in den nächsten Wochen, wenn bei mir Alltag einkehrt. Wir machen uns jetzt auf den Weg nach Ottawa und sind ganz gespannt auf die ersten Nachrichten aus Barranquilla!


















1 Kommentar:

Anne W. aus B. hat gesagt…

Den beiden Kanada-Reisenden herzlichen Dank für die viel zu kurzen Geschichten. Dank "youtube" bin ich euren Spuren gefolgt. Da ergeben sich durchaus Gemeinsamkeiten zwischen Kanada und Kolumbien: gleich hinter der Stadtgrenze trifft man auf "hundert Jahre Einsamkeit". Nur die wilden Tiere unterscheiden sich wohl in ihrer Größe. :)

Wem gehören eigentlich diese riesigen unbesiedelten Gegenden? Hoffentlich nicht RWE oder EON.

Leben,um davon zu erzählen.....wir warten auf mehr!

Passt weiterhin gut aufeinander auf.